Unser Mitglied Ludwig Leonhardt ist Profi-Produktfotograf und hat erfolgreich 40 Jahre für Agenturen gearbeitet, davon 20 Jahre für McDonald’s und Adelholzener, 8 Jahre für Paulaner und 30 Jahre für die Kulmbacher Brauereigruppe.
Er hat jetzt sein Studio in der Nähe vom Harras in München aufgelöst. Deshalb hat er uns alle eingeladen, es zu besichtigen und die letzten Stunden mit ihm in seinem Studio zu teilen.
Am Dienstag, den 25. Juli 2023 haben wir uns daher auf den Weg gemacht und sind mit der S-Bahn zum Harras gefahren.
In Ludwigs Studio haben wir sehr viel erfahren über das Geschäft mit der Produktfotografie in analogen und digitalen Zeiten. Ludwig, der mit seinem Sohn Ben das Studio betrieben hat, schreibt selbst in seiner Einladung bescheiden und mit vielen Anekdoten:
Bis 2002 haben wir ausschließlich analog fotografiert, mit 6/7 und Großbilddias von 4/5′ bis 8/10’ (20×25 cm).
Bei analoger Fotografie ist man gezwungen, das Maximum an Qualität mit einem einzigen Shot zu erreichen, und muss dafür bis zu 23 Entwicklungsdurchgänge (für Paulaner) und Korrektur auf Korrektur hinnehmen. Da können sich die Tage hinziehen bis zum fertigen Dia – plus gewaltige Kosten für Polaroids, Filme und Entwicklung.
Ab 2002 stiegen wir in die digitale Fotografie ein mit dem Sinarback 45x56mm und 22 Mill. Pixel auf der Großbildkamera und ab 2007 mit der Hasselblad und 39 Mill. Pixel.
Mit der digitalen Fotografie geht alles viel unkomplizierter. Wir können für jeden Bildteil das optimale Licht rauskitzeln, in Photoshop mit Pfaden freistellen und zusammensetzen. Ständige Kontrolle am Monitor mit sofortiger Freigabe durch den Kunden. Alles Paletti – Bildbearbeitung durch den Fotografen incl., schließlich möchte man ein perfektes Foto abgeben.
Große Kunst kommt dabei kaum rum, die Ideen kommen schließlich von den Kunden und deren Werbeagenturen. Viele krude Ideen gab es dabei:
- Ein Reifen hinter Gittern, der Rrrrrrr macht (Reiff),
- ein Pilsglas auf der Kante eines Flügels – ein Gardine weht im Wind, umschwebt das Glas (und wischt jedesmal die Tropfen vom Glas) (Paulaner Leicht, Produktionszeit 5 Tage)
- eine Weltkarte aus Öl (MAN),
- eine Frau, die vor einer riesigen Mücke davonrennt (Fenistil), Mücke im Januar mit Untersicht – wie soll das gehen?
- schwebende Computer im Weltall (Siemens Nixdorf) – mit Lichtpinseltechnik
- eine schwebende Mineralwasserflasche mit einem Wasserstrahl über 2 Plakatflächen (Überkinger),
- Flasche und Bierglas auf Hochglanzsockel – als 2. Schuss aber auch einen BMW Z1 (in echt, kein Spielzeugauto!) auf dem gleichen Sockel (Paulaner Leicht),
- einen fallenden Öltropfen (MAN) („in echt sieht Scheisse aus, müssen wir Dummy bauen“),
- „wir brauchen 4 Sequenzen einer losfliegenden Gans“ (MAN),
- „mach mal ein schönes Foto von einem Keilriemen“ (aha, Keilriemen sagtes du ? Schönes Foto davon ? aha?!) (Bayer)
- „einen Burger für Großfläche fotografieren, aber nur mit einem Spot als Hauptlicht so wie der McDonald’s Fotograf No.1 das in Düsseldorf macht, Aufheller darfst du verwenden … (oh danke !)
hat Spaß gemacht ….
Wir sind Ludwig sehr dankbar für diesen tollen Einblick in die Profiarbeit. Auch wenn vermutlich in Zukunft viele Bilder für die Werbebranche von KIs erzeugt werden, dann dürfen wir nie vergessen, dass diese KIs das nur deshalb können, weil sie mit den Bildern von so großartigen Fotografen wie Ludwig Leonhardt trainiert worden sind.
Und natürlich haben wir auch Fotos mitgebracht:
Ludwigs Studio:
Ludwig mit seinem Sohn Ben, der uns so viel Interessantes zeigt und erklärt:
Riesige Dias und die Kamera, mit der man solche Dias aufnimmt, eine Sinar p2:
So wird ein Bierglas für ein Shooting vorbereitet, damit es auch noch für die zigste Aufnahme so aussieht, als wäre es gerade erst aus einem kühlen Fass gezapft worden: